16 May
16May

Die Nacht war stürmisch und nass, aber wir haben gut geschlafen. Die Ameisen waren am Morgen schon weniger geworden, aber noch präsent, sie krabbelten in den Ritzen an der Decke herum. Ich kaufte Fallen nach dem Frühstück und putzte dann hunderte von gelben Leichenflecken an der Decke weg. 

Es war wieder sonnig und wir nutzten das Wetter für eine Wanderung zur Spitze der Landzunge, an der sich eine wild dekorierte Bar befindet, die noch geschlossen war, und ein Minileuchtturm die Einfahrt zum Hafen nach Pula markiert. Die Zistrosen blühten und der Ginster duftete, während wir uns auf kleinen Pfaden durch den Wald schlängelten. Immer wieder gab es Abzweiger zum Meer, wo wir auf den Felsen herumkletterten und viele Kormorane beobachteten. Oberhalb sahen wir grosse Mauern und Gräben und entdeckten ein altes Fort. Unsere Recherche ergab, dass hier Metall-Festivals stattfinden sollen, es war aber alles verlassen und verrammelt. Die Grösse ist beeindruckend, erbaut wurde es im späten 19. Jahrhundert zusammen mit weiteren 30 Bauwerken zur Befestigung des Militärhaupthafens der Donaumonarchie in Pula.

Ein spätes Mittagessen im Restaurant des Campingplatzes war fein, die Pizza schmeckt wie in Italien und der Espresso nach dem Essen war wie immer, seit wir unterwegs sind, einfach perfekt. Wie kommt es nur, dass er hier so viel besser schmeckt als woanders in der Welt? Es muss die Nähe zu Triest sein, der Stadt des besten Kaffees, die zwar am Nordostrand Italiens liegt, aber durch die österreichische Monarchie geprägt wurde. Genau diese Österreicher, die auch das Fort Punta Christo gebaut haben sowie pompös-barocke Hotels in Pula. Die Hafenstadt am Südzipfel Istriens ist von aussen betrachtet nicht so richtig schön, obwohl uns die beleuchtete römische Arena gestern Abend schon beeindruckt hat. Auch andere römische Bauten sind noch zu besichtigen. Auf einen Stadtbummel hatten wir bisher trotzdem keine Lust. Vielleicht ist in einigen Jahren alles anders, denn die alten Militärruinen sollen durch eine moderne Hafencity ersetzt werden. In unserer schnelllebigen Welt ist es erstaunlich, dass hier so viel Vergangenheit noch präsent ist, in den Gebäuden, aber auch in den Geschichten. Unsere Reiseleiterin hat uns gestern folgendes erzählt: ihre Urgrossmutter ist in Österreich geboren, ihre Grossmutter in Italien, ihre Mutter in Jugoslawien, sie selbst in Deutschland und ihre Kinder in Kroatien. Und alle (ausser ihr) sind in Pula geboren. 

Wir erwarten morgen schlechtes Wetter. Ohne Sonne ist es saukalt hier, vor allem, wenn der Bora weht. Der berüchtigte Fallwind kommt sehr plötzlich von Norden und fällt von der Küste ins Meer. 

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